Bist du Hiob? - Wer ist es nicht?
»Bist du Hiob? - Wer ist es nicht?« | Dieses Bonmot findet sich in George Taboris Ballade vom Wiener Schnitzel und zeigt die zentrale Bedeutung der biblischen Figur Hiob. Im Hebräischen ist der Name mit dem Wort Feind verbunden, im Koran mit Umkehrer, Büßer. Karl Ulrich Nuss hat im Jahr 2020 drei Plastiken geschaffen, die die Stadien der Verzweiflung, die Hiob erleidet, klar und scharf dokumentieren:
Hiob ist ein Hilfesuchender. Er weiß nicht mehr ein noch aus. Am Anfang hat er noch die Kraft zu toben, er hat sich noch nicht verloren gegeben und er zweifelt nicht an seinem Gott. Aber je mehr er im Unglück versinkt, verliert er den Kopf, ratlos, aussichtlos, mit seinem Gott hadernd, findet er keinen Frieden und kapituliert. Seine stille Verzweiflung ist abgrundtief. Beeindruckend ist die Gebärdensprache der Skulpturen, vor allem der Hände, die anfangs als Zeichen der Unterwerfung erhoben sind, um dann herabzusinken, theatralisch in sich selbst verdreht.
In der Umgangssprache spricht man von einem Häufchen Elend. Dieser Zustand aber widerspricht den Formgesetzen der Bildhauerei. So entsteht eine spannungsvolle Paradoxie zwischen Thema Verzweiflung des Hiob und dem Material Bronze.
Fotografie: Matthias Baus, Stuttgart
Text: Jörg Henning Kokott